Denkmäler für Personen der
Musikgeschichte
Gronau. Das quadratische Format erinnert an das von
Schallplattenhüllen. Kein Zufall: Schließlich ist auch in dem Buch Insel
der Träume Musik drin. Am Freitagabend wurde das Werk über die
Musikgeschichte in Gronau und Enschede seit 1895 offiziell präsentiert.
Und seit Samstag sind an und in der Bürgerhalle die künstlerisch
verfremdeten Porträts von Persönlichkeiten zu bewundern, die in Gronau
Musikgeschichte geschrieben haben.
Alfred Hagemann und Elmar Hoff als Herausgeber haben gemeinsam mit über
20 Co-Autoren das Buch zusammengestellt. Aber Moment mal: Über 400
Seiten nur über die Musikgeschichte zweier Städte? Ist das nicht
übertrieben? Enschede, Gronau und Nordhorn bildeten eine Kulturprovinz,
die wohl einmalig war, stellte Alfred Hagemann am Freitagabend in der
Galerie van Almsick klar. Verbindungen bis nach Berlin und Amsterdam
ließen in Gronau der 30er Jahre gar ein gewisses weltstädtisches Flair
aufblitzen. Beispiel: Hans-Martin Majewksi (er erlangte in den 50er und
60er Jahren als Filmkomponist Berühmtheit) schrieb die Musik für die
30er-Jahre-Operette Insel der Träume, die in Gronau uraufgeführt wurde.
Das wiederum hing damit zusammen, dass der umtriebige Joachim von Ostau
(1930/31 Jahre Leiter des Berliner Theaters, Gatte der Gronauer
Fabrikantentochter Erna van Delden) in Gronau wirkte. Von Ostau hatte
den Operetten-Text geschrieben.
Dass in Gronau überhaupt ein derart ausgiebiges Kulturleben herrschte,
war auch den Textilbaronen zu verdanken, die nach niederländischem
Vorbild einen Club gründeten, in dem zahlreiche Kulturveranstaltungen
stattfanden. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich eine enge
deutsch-niederländische Kultur-Kooperation entwickelt, die bis hin zu
Sinfonieorchestern und einer Operettengesellschaft reichten. Chöre
wurden gegründet, die noch heute existieren. Und: Über die Grenze hinweg
wurde mit einer Selbstverständlichkeit kooperiert, die erst eine
Katastrophe wie der Einmarsch Deutschlands in die Niederlande beenden
konnte. Zumindest vorübergehend.
Von außerhalb siedelten sich Musiker in Gronau an und trafen hier (vor
allem in den 30er Jahren) auf einen fruchtbaren Boden. Diesen
Persönlichkeiten wird im Buch, aber auch mit der Wall in der Bürgerhalle
ein Denkmal gesetzt. Fabian Hammans hat ihre Porträts bearbeitet. Auf
Textil gedruckt hängen sie nun in der Halle - neben einer weiteren
Kollage, die zahlreiche weltberühmte Musiker zeigt, die in Gronau
aufgetreten sind. Einer ist auf beiden vertreten: Udo Lindenberg.
Die Gronauer Nachtigall wurde in der Gronauer Tanzmusikszene groß, die
sich vor allem in den 50er Jahren entwickelte. Obwohl: Schon in den 20er
Jahren hatte der Gronauer Musiker Robert Vorstheim als Jazzmusiker in
der Black and White-Band mitgespielt, in der ein Schwarzer das
Schlagzeug bediente.
Vorstheims Sohn Jochem - selber als Musiker noch bei den Oldstars aktiv
- sprach während der Präsentation der Wall am Samstag in liebevollen
Anekdoten über seinen Vater. Und wenn man diesen - und anderen -
Anekdoten lauschte, über Robert Vorstheim, über die Dragstras und die
vielen anderen Musiker, dann müsste eigentlich noch ein weiteres Buch
geschrieben werden...
Wie dem auch sei: Das Musikprojekt ist sowieso noch nicht abgeschlossen.
Mit dem Buch und der Wall wurden zwei Meilensteine erreicht. Geplant ist
mehr: Aufführungen von Stummfilmen mit Livemusik, ja sogar die
Wiederaufführung der Operette Insel der Träume ist nicht ausgeschlossen.
Wie sich die Revuemusik der 30er Jahre anhörte, demonstrierten in der
Galerie Sängerin Renate Hermann, Sänger Ben Zwiers und Musiker des
Romantisch Muziektheater Deventer.
Und wie die Tanzmusik der 50er Jahre swingte, demonstrierten Jochem
Vorstheim und Berni Bauta mit ihren Oldstars am Samstag.
Dank und Anerkennung für das persönliche Engagement von Alfred Hagemann,
Elmar Hoff, Fabian Hammans und ihren Mitstreitern sowie dem Rotary Club
für den finanziellen Beitrag kam sowohl aus Enschede (Beigeordnete Myra
Koomen) als auch aus Gronau (stellv. Bürgermeister Kurt Rehbein und der
stellv. Vorsitzende des Aufsichtsrats der Kulturbüro GmbH, Werner
Bajorath).
Die
Musikerporträts sind an der Bürgerhalle zu besichtigen. Das
vielschichtige, reich illustrierte Buch "Insel der Träume" mit vielen
Porträts, Kapiteln zum lokalpolitischen und gesellschaftlichen Kontext,
Beiträgen zu Enscheder Einflüssen, Exkursen über die Beatbands der 60er
Jahre und Momentaufnahmen über den Stand der Musikentwicklung im Jahr
2005 ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. |