Gronau -
Gut vier Jahre nach Sammelband und „Wall“ an der Bürgerhalle stellen
Elmar Hoff und Alfred Hagemann („gronauprojekte“) mit der
Dauerausstellung „Gronau - Enschede - Berlin“ ihr drittes Projekt zur
deutsch-niederländischen Musikgeschichte vor. Eröffnet wird die
Ausstellung im traditionsreichen Gronauer Apollo-Kino am 13. März.
Danach wird sie während der Kino-Öffnungszeiten frei zugänglich sein.
Berührungspunkte gibt es mit dem Rock´n´Popmuseum: Vor allem dessen
erste Station (Salonmusik) wird breit entfaltet. Besucher können also an
zwei Standorten den Weg der populären Musik von 1918 bis zur Gegenwart
verfolgen und gleichzeitig etwas vom Besonderen der Grenzregion
kennenlernen.
Die Unterhaltungsmusik
war nach 1918 ein Massenphänomen. Schallplatte, später Radio und Tonfilm
machten es möglich. In Kinos, Cafés und Kabaretts, in Hotels zu Hause
fand die leichte Muse ihre Anhänger. In Berlin und der „Provinz“ gab es
erstklassige Künstlerkonzerte, 5-Uhr-Tees mit dezenten Tanzeinlagen,
Schlager und Weisen der neuen Welt, jazzartig instrumentiert, mit
Schlagzeug - kurz gesagt: vieles, was den Namen „Kunst“ angeblich nicht
verdient.
„In Enschede und Gronau entstand damals eine einzigartige
deutsch-niederländische Kulturszene, die mit Berlin in lebendigem
Austausch stand. Die populäre Musik spielte darin eine wichtige Rolle.
Wir haben die Initiative ergriffen, um dies zum Thema einer Ausstellung
zu machen, den Blick aber auch auf den Kontext - auf das Überregionale
und Internationale - zu lenken“, so Hoff und Hagemann.
Ohne die Kooperationen mit anderen Archiven und Institutionen wäre dies
aber nicht zu verwirklichen gewesen. Dr. Sabine Giesbrecht-Schutte,
Professorin i.R. an der Universität Osnabrück, wurde als
Hauptleihgeberin für das Ausstellungsprojekt gewonnen.
Für die Zeit von 1918 bis 1955 werden ausgewählte Aspekte der Welt der
Unterhaltungsmusik „sichtbar“ gemacht. Durch Titelblätter von
Notenausgaben, Ansichtskarten und Fotos soll der kulturhistorische und
ökonomische Kontext nachvollziehbar werden, der auch auf die
Musikstücke, ihre Vermarktung, Aufführungspraxis und -orte Einfluss
hatte. |
Für das Ziel die
regionale Musik- und Kulturgeschichte zu kontextuieren und an
Einzelpersonen zu veranschaulichen, spielen die Biografie und der
Nachlass des Pianisten und Dirigenten Pieter Herfst (1887-1960) eine
wichtige Rolle. Herfst hat seine Musikerkarriere in einem Tagebuch
dokumentiert, sein Nachlass bietet eine Fülle von Dokumenten. Herfsts
Lebensstationen - Amsterdam, Berlin, Enschede und Gronau - decken sich
mit den inhaltlichen Brennpunkten der Ausstellung.
Acht Stationen erwarten den Besucher: Die erste Station thematisiert die
Wechselbeziehungen zwischen dem Grenzregion und Berlin, es folgen der
frühe Jazz und die Tanzmusik in Deutschland. Die Stationen drei bis fünf
sind verschiedenen Aspekten der Salonmusik gewidmet. Die Stationen sechs
und sieben befassen sich dem Musikleben der NS-Zeit - dem Wunschkonzert
und der Operette. Abschließend geht es um Kino- und Filmmusik und den
Ausstellungsort selbst.
Eine Begleitbroschüre bietet „O-Töne“ der Epoche, vor allem Zitate aus
journalistischen und literarischen Texten. Insgesamt werden rund 300
Exponate und 180 Hörbeispiele dargeboten. Bis auf wenige Ausnahmen
bietet die Ausstellung keine Originale, sondern nur Reproduktionen.
Martin Borck, Gronau |