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Presseberichte  
     
 

Mit Leidenschaft und trockenem Humor



Zwei „Filmstars“ im Kino: Lillian Boutté wirkte in „The Sound after the Storm“ mit, und Father Jerome LeDoux in „Shake the Devil off“.  

 Foto: Martin Borck

Gronau - Father Jerome LeDoux, der derzeit in Gronau weilt, ist ein Mann mit Charisma. Ein Priester, der sich mit Leib und Seele einsetzt für seine Gemeinde und seine Kirche, die St. Augustine in New Orleans. Auch wenn er von seinem Bischof nach Texas versetzt wurde - LeDoux Name ist mit dem Kampf um den Erhalt einer der ältesten katholischen Kirchen in den USA verbunden - eben St. Augustine, die gleichzeitig eine Gedenkstätte gegen die Sklaverei ist. Die drohende Schließung und die Auflehnung der Gemeinde dagegen sind Themen eines Dokumentarfilms, der am Donnerstag im Gronauer Kino vorgeführt wurde (und von dem auch einige Mitglieder der Eper Antonius-Gemeinde etwas lernen wollten).

Wenige Monate nachdem Wirbelsturm Katrina und das durch Dammbrüche verursachte Hochwasser New Orleans verwüstet hatten, kam die Hiobsbotschaft: Die Kirche soll aufgegeben werden. Doch der Bischof hatte die Rechnung ohne die Gemeindemitglieder gemacht, einen bunten Haufen von Menschen unterschiedlicher Herkunft, die eines eint: Sie sind stark verwurzelt mit ihrer Gemeinde. Der Protest weitet sich aus, zieht Kreise, wird leidenschaftlich geführt. Das Gotteshaus wird besetzt, LeDoux muss gehen. Gerade er, der bei seiner Gemeinde unglaublich beliebt ist. Warum, das zeigt der Film: Der Geistliche ist ein hervorragender Prediger, verleiht biblischen Geschichten Plastizität, läuft durch die Kirche, teilt predigend Tritte gegen imaginäre Händler im Tempel aus, tanzt und singt Gospel: „Shake the Devil off“ („Schmeiß den Teufel raus!“).

Leidenschaft ja - Verbitterung nein. Bei aller Hartnäckigkeit verfügt der Priester über einen unglaublich trockenen Humor. Und man merkt ihm die jahrzehntelange Erfahrung in der Seelsorge an. Zum Beispiel wenn er im Gespräch mit den WN von dem Hurrikan erzählt. Nicht Katrina, sondern der, der 1957 einen kleinen Ort im Süden Louisianas zerstörte, wo er gerade Priester geworden war. 550 Tote, deren sterbliche Überreste zur Kirche gebracht wurden. „Und aus dem Radio lief fast den ganzen Tag der damalige Nummer-1-Hit von Fats Domino, „Valley of Tears“, weiß der Geistliche noch genau. „Tal der Tränen“ - ein Text, der nach LeDoux Worten auf geheimnisvolle Weise genau die Gefühle beschrieb, die die Menschen in seiner damaligen Gemeinde umtrieben. Und er singt das Lied leise vor.

 Doch zurück zu St. Augustine: Der Protest der Gläubigen hatte zumindest teilweise Erfolg. Die Schließung der Kirche wurde nicht vollzogen. Noch nicht. Das Erzbistum verlangt mehr Kirchenmitglieder, mehr Messe-Besucher, höhere Finanzerträge. Wie lange sich die Gemeinde halten kann, steht in den Sternen.

Auch eine der Hauptpersonen aus dem ebenfalls am Donnerstag gezeigten Dokumentationsfilm „The Sound after the Storm“ war im Kino: Lillian Boutté. Die Filmemacher (darunter der ebenfalls anwesende Steve O. Hill) hatten sie und viele andere New Orleanser durch die von Katrina zerstörten Stadtviertel begleitet. Sehr deutlich wird, dass das größte Problem der Stadt das wegbrechende soziale Gefüge ist. Bis zu 80 Prozent der Bewohner sind vor dem Hurrikan geflohen und nicht zurückgekehrt. Für den Geist und die Atmosphäre der Stadt ist das fatal. Auch wenn sich an vielen Ecken das musikalische Erbe Bahn bricht und junge Brassbands die Tradition fortführen.

Sehr eindrucksvoll die Szene, in der Lillian Bouttés Bruder von seinen Erfahrungen nach Katrina berichtet. Wie er gemeinsam mit anderen Bewohner Leichen aus Häusern barg. „Du weißt, ich hänge an New Orleans. Aber wenn so etwas noch mal passiert, bin ich weg“, sagt er im Film unter Tränen zu seiner Schwester.

Der dritte Dokumentarfilm zeigte Ausschnitte vom Benefizkonzert, das Fats Domino im traditionellen New Orleanser Club Tipitina´s gab. Ein Zeichen, dass die Stadt noch nicht verloren ist . . .


Martin Borck, Gronau

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