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Presseberichte  
     
 

Musikgeschichte an historischer Stätte

Gronau - Rockmuseum, Jazzfest, eine schillernde Szene an lokalen Musikvereinen, Orchestern, Ensembles und Bands, Musikerinitiative, Musikschule, Udo Lindenberg - nur einige Stichworte, die Gronaus Bedeutung als Musikstadt weit über die Region hinaus unterstreichen. Binnen eines Jahres könnte eine weitere Attraktion dazu kommen: eine musikhistorische Dauerausstellung im Foyer des Apollo-Kinos (Cinetech) an der Mühlenmathe. Dass Gronau musikalisch die jetzt erreichte Position einnimmt, kommt schließlich nicht von ungefähr. Die Szene hat eine Geschichte, die kulturell einen genauso wichtigen Stellenwert einnimmt wie die Textilindustrie in der regionalen Wirtschaftsgeschichte.
Wie bringt man nun das flüchtige Medium Musik in eine Ausstellung? Darüber haben sich die Musikwissenschaftler Prof. Dr. Sabine Giesbrecht und Edin Mujkanovic (Universität Osnabrück) Gedanken gemacht und ein Konzept entwickelt. Als Grundlage diente ihnen das Buch „Insel der Träume“ (herausgegeben von Alfred Hagemann und Elmar Hoff), das die Musikgeschichte Gronaus und Enschedes beleuchtet. Hagemann erinnerte sich am Samstag bei der Präsentation des Konzepts, dass Stadtarchivar und Co-Autor Gerd Lippert schon bei der Recherche gesagt hatte: „,Eigentlich müsste man das Material in einer Ausstellung zeigen.“
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Es existieren also bereits Fotos, Instrumente, Noten und andere Dokumente. Exponate, die Prof. Giesbrecht aus ihrem eigenem Archiv ergänzen will. „Wir wollen die Ausstellung als eine Art Reise darstellen. Mit dem Titel Gronau - Enschede - Berlin und zurück“, erklärte sie. Die Reise führt zeitlich von der Weimarer Republik bis zur Nachkriegszeit und räumlich eben von Gronau bis nach Berlin. Als Quelle stehen die Reise-Tagebücher des rührigen Musikers Pieter Herfst zur Verfügung. Herfst war on 1909 bis 1950 in Gronau und Enschede, aber auch in Berlin, Amsterdam und vielen anderen Orten tätig.
Mit Herfst als Klammer wird den Musikwissenschaftlern ermöglicht, die Musikszene in Gronau/Enschede aus einer überregionalen Perspektive zu beleuchten und mit Aspekten der großen Berliner Musikszene zu vergleichen.
„Das Apollo-Kino ist natürlich als historischer Ort für diese Ausstellung prädestiniert“, sagte Mujkanovic. 1912 gegründet, war es zunächst eine Kombination aus Kino, Theater- und Konzertsaal. „Typisch für jene Zeit“. Die Ausstellung soll - so das Konzept - in acht Stationen unterschiedliche Aspekte und Stile beleuchten. Zum Beispiel wird den damals modernen Tänzen eine Station gewidmet. „Die ganze Welt hat damals zum Charleston gewackelt“, meinte Mukanovic. Welche Rolle spielen in der Nazi-Zeit die Wunschkonzerte, was hatte es mit der Operette „Insel der Träume“ auf sich, die 1938 in Gronau (eben im Apollo-Theater) uraufgeführt wurde? Schließlich wird auch dem Thema Kino und Musik Raum gewidmet. Denn immerhin wurde aus Hans-Martin Majewski, dem Komponisten von „Insel der Träume, in den Nachkriegsjahren ein sehr bekannter Filmkomponist.
Porträts, Tondokumente, Fotos von damaligen Spielstätten und Orchestern, farbige Titelblätter, Noten, Filmprogramme, zeitgenössische Postkarten, alte Städtebilder und Werbeanzeigen sollen die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich ziehen. Es soll eine wahrlich bunte Ausstellung werden, die nicht nur Musikinteressierte anspricht. In Verbindung mit der Ausstellung im rock`n`popmuseum ergibt sich also eine Art All-inclusive-Reise durch die Geschichte der Popularmusik seit 1900.
Kino-Chef Peter Paffrath will den Raum im Kino gratis zur Verfügung stellen. Die Konzeptentwicklung hat die Euregio gefördert. Jetzt gehen Elmar Hoff und Alfred Hagemann (die unter dem Namen „gronauprojekte“ firmieren) daran, Sponsoren zu suchen. Auf dass das Konzept auch umgesetzt werden kann.


MARTIN BORCK, GRONAU

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