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Presseberichte | |
Operette "Insel der Träume" vor 70 Jahren in Gronau uraufgeführt |
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Die Operette "Insel der
Traume" wurde vor 70 Jahren in Gronau uraufgeführt. Mit dem Autor und
Regisseur Joachim von Ostau als Darsteller und dem Komponisten
Hans-Martin Majewski am Pult. Alfred Hagemann hat die Geschichte dieser
Operette erforscht und in den historischen Kontext eingebettet. In dem
gemeinsam mit Elmar Hoff herausgegeben Buch "Insel der Träume" über die
gemeinsame Musikgeschichte von Gronau und Enschede nimmt die Produktion
breiten Raum ein. Hagemann und Hoff arbeiten in den "Gronau-Projekten"
auf eine Wiederaufführung der Operette hin. Außerdem sollen weitere
Projekte (Ausstellungen Lesungen, Stummfilm-Musik) die Musik und Kultur
der 30er-Jahre wieder aufleben lassen. Der folgende Text von Alfred
Hagemann beinhaltet auch neuere Informationen, die erst nach Erscheinen
des Buchs ans Tageslicht kamen. |
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Technikkult, Südseeträume und ein bisschen Liebe |
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Die
nationalsozialistische Kulturpolitik hatte für die Spielpläne der
Operettenbühnen dramatische Auswirkungen: Nur zehn Prozent des
Repertoires war nach einer Einschätzung des Oberregierungsrats Schlosser
Die Schlüsselfigur
für die Entstehung und Aufführung dieser Operette war ihr Textdichter,
der Schauspieler, Autor, Theaterdirektor und Fabrikant Joachim von Ostau
(1902-1960). Ostau beendete 1931 seine Berliner Theaterkarriere,
wechselte in die Gronauer Textilindustrie und betrieb die Kunst fortan
im Nebenberuf. Zu seiner schillernden Persönlichkeit gehört eine
zweijährige NSDAP-Mitgliedschaft, die bereits 1932 mit einem
Parteiausschlussverfahren endete und für bleibende Spannungen sorgte.
Abgesehen von seinen politischen Dramen war Ostau vor allem ein Mann der
Operette und des Boulevardtheaters. Die günstige Aufnahme seines
Singspiels "Hilfe - ein Geldfeind!" (Baden-Baden 1934; Musik: Hans
Jönsson) und die Regieerfolge in Enschede und Gronau ab 1935 beförderten
sein Operetten-Projekt "Insel der Träume", dessen Eigentümlichkeiten
sich wohl nur durch Entstehung im Gronauer Fabrikanten-Club und die
Umsetzung durch die "Enschedesch' Opera en Operette Gezelschap" (E.O.O.G.)
erklären lasst. Die E.O.O.G. war im September 1935 als
deutsch-niederländisches Unternehmen in Enschede gegründet worden - vor
allem wohl, um den Auflagen der Reichskulturkammer zu entgehen.
Die Operette beginnt
dynamisch und witzig mit· einem "Chor der Funkerinnen". In der ersten
Szene wird der Chef der Fluglinie pathetisch begrüßt. In Wirklichkeit
ist der Chef aber eine Chefin und heißt Mabel. Ihr Auftrittslied "Sonne,
ich komm dir entgegen" erinnert verdächtig an Hans Albers'
Erfolgsschlager "Flieger, grüß mir die Sonne" aus dem Film "F.P.1
antwortet nicht" (1932). Dem Liedtext mit seinem allzu vertrauten
Vokabular (Held, Sieger, Stolz, Heimat, Heil, Vaterland) wird allerdings
gerade noch die (ideologische) Spitze genommen, weil er sich eben auf
eine Frau bezieht und auch von ihr gesungen wird. Für die
Rekord-Fliegerin Mabel standen vermutlich die in den 1930er-Jahren
populären Fliegerinnen Elly Beinhorn und Hanna Reitsch, möglicherweise
auch die Figur der Mabel Atkinson· aus dem Film "Capriolen" (1937)
Modell. Ein
unverwechselbares Kennzeichen der "Insel der Träume" sieht Majewski in
seinen Memoiren darin, dass in ihr die "Lyrik durch kesse Tanzeinlagen,
flotte Melodien und heitere Lieder - ein Ballsaal mit Fracks und großer
Garderobe durch sportliches Milieu" ersetzt wurde. Hinzu kam ein
kräftiger Schuss Exotismus, der die Handlung, zumindest zeitweise, aus
der wirklichen Welt in ein unscharfes "Irgendwo" verlegte.
Ostaus und Majewskis Operetten-Erstling feierte in einer ideologisch aufgeladenen Zeit Premiere: Wie der Operettenkomponist Ralph Benatzky in seinem Tagebuch notierte, war im Frühjahr 1938 "alles, alles ... mit einem national gefärbten Spülwasser übergossen". Davon ist die "Insel der Träume" - bis auf die erwähnten Einsprengsel - sicherlich abzugrenzen. Sie war aber trotzdem nicht dagegen gefeit, im Kulturprogramm eine dem NS-Staat genehme Funktion zu übernehmen: Das Zwickauer Tageblatt hob fünf Monate vor Kriegsbeginn als besondere Qualität der "Insel" hervor, dass das "anspruchslos unterhaltenden Werk ... eine fröhliche Stimmung" verbreite. Die "Insel der Träume" fugt sich damit letzten Endes unabhängig von der Intention ihres Komponisten und Librettisten - ins Bild der "neuen Gute-Laune-Operetten" (Kevin Clarke), die vom Propagandaministerium gezielt gefördert wurden und die "alten austrojüdischen" nach 1933 aus den Köpfen verdrängten. Der Versuch, mit der
"Insel der Träume" ein neues musikalisches Südseeparadies zu etablieren,
ist bereits an Ursachen gescheitert, die mit dem Werk im engeren Sinne
nichts zu tun hatten. Im Rückblick erscheinen die "Insel der Träume",
ihre Entstehung und Kontext als besondere, deutsch-niederländische
Variante der "Operette unterm Hakenkreuz", die spätestens seit einer
Dresdner Tagung im Mai 2005 das Interesse der Forschung gefunden hat. |
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"Nie erlahmende Begeisterung" | ||
Majewski schrieb in seinen Memoiren über von Ostaus Idee, die Operette in einem "Probelauf' mit der EOOG in Gronau aufzuführen: "Die Idee war gut! In seinem Wohnort Gronau wurden geeignete, begabte junge Menschen mit dem nötigen Pfiff, Schmiss und mit der notwendigen Begeisterung ausgesucht. Zudem gab es städtische Orchestergruppen, Laienmusiker, ausgebildete Musikanten und Sänger, die mit Elan an die Proben gingen, einschließlich Chor- und Tanzproben - und eine Vorstellung kam zustande, die für Laien beachtenswert war. Sie war aus einer nie erlahmenden Begeisterung zustande gekommen ... " | ||
"Apollo": Saal für Film, Theater und Konzert | ||
Das Apollo-Theater
war ein beliebter Kino-, Theater und Konzertsaal. In den Jahren 1934 bis
1940 entwickelte es sich zu einer wichtigen deutsch - niederländischen
Kulturinstitution. Nach Umbauten und Modernisierungen ist der
verkleinerte Saal heute Teil des Kinocenters in der Mühlenmathe. |