Vom Leiter des
"Deutschen Volkstheaters" Berlin zum Fabrikanten in Gronau: Joachim von
Ostau
Eine ebenso
schillernde wie äußerst umstrittene Figur im Gronau der 30er Jahre war
Joachim von Ostau. Nach einer gescheiterten Bankausbildung wurde von
Ostau Schauspieler und Sänger mit Engagements u.a. in Recklinghausen und
Stettin. Der (Film-)Schauspieler und Regisseur Erich Pabst engagiert ihn
1928 für seine Bühne in Thale (Harz). Zu diesem Nachwuchs-Ensemble
gehörten auch später berühmte Darsteller wie O.E. Hasse - und die
gebürtige Gronauerin Erna van Delden. Sie hatte ebenfalls eine
Schauspielausbildung absolviert, unter anderem an der bekannten
"Reinhardtschule" in Berlin, und war in ersten Stücken aufgetreten. So
spielte sie wichtige Rollen auf der Freilichtbühne Bentheim.
In Thale verliebte sich Erna van Delden in den smarten Joachim von Ostau
1929 heirateten sie. In Gronau fand aus diesem Anlass eine Fest-Woche im
"Club" statt, bei der von Ostau inszenierte und spielte. Regisseur Pabst
war zu Gast, ebenso die Schriftstellerin Ruth von Ostau.
Durch die Liaison von Ostau/van Delden angeregt, wurde die Firma Gerrit
van Delden zu einem großen Kultursponsor der Weimarer Republik. Mit
dieser guten finanziellen Ausstattung im Rücken, wurde von Ostau sogar
Direktor des "Deutschen Volkstheaters'« in Berlin. Doch wiederum hatte
er wirtschaftlich Pech: Zwei Mal musste er Konkurs anmelden, weil
Geschäftspartner ihren Verpflichtungen nicht nachkamen.
Von Ostau schloss sich 1930 der Nationalsozialistischen Volksbühne an
und inszenierte ein selbst geschriebenes Propagandastück das sogar bei
Joseph (Goebbels Aufmerksamkeit fand. 1931 kehrten von Ostau und seine
Frau nach Gronau zurück, wo ihn Dr. Hendrik van Delden zum Fabrikanten
machte. Von Ostau leitete die SA in Gronau, trat offiziell 1932 aus der
NSDAP aus, hielt aber antisemitische Reden.
Möglicherweise führte er in dieser Zeit auch Regie an der Freilichtbühne
in Bentheim. In Gronau leitete er auf jeden Fall den Theaterkreis
der"Gesellschaft Erholung" und inszenierte hier mit örtlichen
Darstellern erfolgreiche Theaterstücke und Operetten.
Höhepunkt war die von Ostau geschriebene Operette "lnsel der Träume",
die 1938 im Apollo-Theater uraufgeführt wird und im Jahr darauf sogar in
Zwickau und Berlin auf den Spielplänen stand. Von Ostaus Textilbetriebe
waren für die technische Ausstattung verantwortlich.
Von Ostau legte sich 1939 ein Rittergut in Pommern zu, mit Ausbruch des
Krieges lag sein kulturellen Engagement in Gronau vorübergehendstill.
1945 wurde er "entnazifiziert" und versuchte - mittlerweile zweiter
Bürgermeister von Gronau - in den ersten Nachkriegsjahren eine örtliche
"Kulturgemeinde" aufzubauen, die aber nur bis zur Währungsreform
existierte.
Hans-Martin Majewski, der Komponist von "Insel der Träume", machte
Karriere, während von Ostaus Versuche, sich überregional als Politiker
zu etablieren, scheiterten.
Er verließ Gronau und ließ sich von seiner Frau Erna scheiden. Sie starb
1955, von Ostau 1969.
Die Noten von "lnsel der Träume" lagern in Hamburg, Magdalene Bauer, die
als junge Frau an der Inszenierung teilnahm, ebt noch in Leer. Und in
dem Gebäude in Berlin, in dem sich von Ostaus Theater befand, wurde in
diesem Jahr die Helmut-Newton-Ausstellung eröffnet.
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